Digitalisierung – was ist das?

Begriff der Digitalisierung
Nach Oliver Bendel: Der Begriff umfasst die digitale Umwandlung und Darstellung, bzw. Durchführung von Information und Kommunikation oder Modifikation von Instrumenten, Geräten und Fahrzeugen.
Zugleich kennzeichnet er die digitale Revolution, bzw. die digitale Wende.
Dabei geht es um Autonomisierung, Flexibilisierung und Individualisierung.

Ethische Konsequenzen der Digitalisierung:
Die Digitalisierung macht neue Reflexionen notwendig in den Bereichen: Technikethik, Wirtschaftsethik, Unternehmensethik, Konsumentenethik und Informationsethik.
Der Arbeitsbereich der Maschinenethik interessiert sich für die Möglichkeit moralischer Maschinen, denen Humanethik einprogrammiert wird.

Bereiche der Digitalisierung:

Künstliche Intelligenz:
  • basierend auf Algorithmen, trifft Entscheidungen,
  • programmiert und kontrolliert durch Menschen
    Sorge: Verselbstständigt sich
    Sorge: Lässt sich Humanverhalten programmieren?
Transhumanismus:
  • Adaption von Technologie im menschlichen Körper
  • Umwandlung des menschlichen Körpers
    Sorge: Übertragung des „Gehirn-Ichs“ auf künstliche Form
    Sorge: Homo Deus – darf sich ein Mensch als Gott ansehen?
Industrie 4.0:
  • Moralische Maschinen ersetzen immer mehrmenschliche Produktionsleistung und Dienstleistung.
    Sorge: Entwicklung des Arbeitsmarktes
    Sorge: Fehlende Regelungen für Unternehmen und Konsumenten
    Sorge: Lässt sich Ethik programmieren?
    Sorge: Maschinen können nicht übergeordnete Folgeentscheidungen treffen.
Big Data

Revolutionäre Methode der Erkenntnisgewinnung
Erkenntnisse werden mit Simulationen, Algorithmen und Daten-Abgleichen verglichen.
Die Arbeit mit Theorien, Modellen, mathematischen Beweisen und Kausal-Mechanismen wird durch die Suche nach Mustern (Herausschälen von Korrelationen aus großen Datenmengen) ersetzt.
Data Mining sammelt Daten zu z.B. Konsum-, Informations-, Unterhaltungsbereich als Grundlage einer Kundenanalyse.
Sorge: Maschinell berechnete Korrelationen dürfen nicht als handlungsleitendes Wissen verstanden werden.
Sorge: Die Zuständigkeitsfrage ist ungeklärt: Sollten nicht besser bestimmte Institutionen einen Informationsvorsprung haben?
Sorge: z.B.: Datensicherheit, Privatsphäre, permanente Erreichbarkeit, Manipulation…

Beispiele der Digitalisierung und Konsequenzen

Roboter als kommunikationsfähige Maschinen

Vorteile:
Einfache Kommunikative Berufe werden ersetzt (z.B. Rezeption)
Transportarbeiten durch Roboter
Kosteneinsparung durch Robotereinsatz
Höhere Effizienz in Fabriken
Einsatz in lebensgefährlichen Bereichen
Arbeiten im Bereich Haushalt und Garten
Gesundheitsüberwachung z.B. durch Chips in Kleidungsstücken
Selbstfahrende Autos

Konsequenzen:
Probleme auf dem Arbeitsmarkt
Robotern fehlt die Empathie
Es kommt zu Lohnspreizungen, weil Arbeitsbereiche, die nicht durch Roboter ersetzt werden können, wohl besser bezahlt werden.
Roboter erstellen selbstständig z.B. Programmiercodes, die durch Menschen nicht mehr nachvollzogen werden können.
Problem der Überwachung der Privatsphäre
Fachkompetenz nimmt in Bereichen ab, die Robotern übergeben wurden.
Einschränkungen in der freien Berufswahl (im Traumberuf arbeiten nur Roboter)
Neue juristische Themenfelder

Digital denken – Fragen an das Digitale von Dr. Christian Henkel

Drei Ideen der digitalen Pioniere und Ansätze, die sich für die Theologie ergeben

1) Offene Software und die Frage nach der Ethik

Codes werden programmiert und Code braucht Ethik. Theologie sollte mit Programmierern darüber ins Gespräch kommen, welche erstrebenswerten Ideale das Programmieren von Codes leiten könnten.

Mit Teams von Programmentwicklern sollte die Theologie ethische Spielregeln der Zusammenarbeit erstellen helfen.

2) Transparente Dateien und die Frage nach dem Vertrauen

Das Angebot von Transparenzstrukturen reicht nicht. Es muss Verantwortungsstrukturen geben, damit Vertrauen entsteht. Theologie sollte Anbieter von Transparenzstrukturen darauf hinweisen, dass Strukturen kein Vertrauen schaffen, sondern der Kontrolle dienen. Sie sollte vorschlagen, durch ein personales Gegenüber hinter den Transparenzstrukturen für Vertrauen zu sorgen.

3) Selbstlernende Maschinen

Wenn es wirklich dazu kommt, dass selbstlernende Maschinen immer mehr Aufgaben übernehmen, sollte der Mensch jetzt schon lernen, wie er die gewonnene Freiheit gut nutzen kann – zum Beispiel um eigenen existentiellen Fragen nachzugehen, die ihm von Maschinen nicht abgenommen werden können (Sinn des Leben, Geburt und Tod, Friede, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung, usw.). Er könnte lernen, sich frei von wohlstandserhaltender Arbeit selbst neu zu definieren.

Aussageabsicht des Textes:
Volker Jung weist in Abwägung von Grenzen und Chancen des Umgangs mit der digitalen Welt darauf hin, dass das digitale Ich, wie das analoge Ich ausgehend vom Selbstverständnis eines Menschen gedacht werden sollte. Die Grenzen, die er für das analoge Ich beschreibt (Privatsphäre, Person, Beziehung, Grundfragen) schlägt er vor, zugleich für das digitale Ich gelten zu lassen. Wie das analoge Ich nicht perfekt ist, aber Orientierung sucht, gilt das möglicherweise genau so für das digitale Ich.

Personalität
Chancen: Darstellungsmöglichkeiten, Vermessungs- und Vergleichsmöglichkeiten
Grenzen: Meine Daten! Mensch mit begrenzten Möglichkeiten, Gefühle, endliches Wesen, Privatsphäre, Verfügungsgewalt über „meine Daten“

Würde
Chancen: Beziehungen gestalten, Individualisierungsschub, Bewegen in virtuellen Welten, erweiterte Realität (z.B. Sprachassistent)
Grenzen: Was nützt und was hilft? Was fördert und zerstört? Beziehung ist Füreinander-Dasein, Gutes und respektvolles Verhalten, Digitale Kommunikation steigert Hass und Aggression

Soziale Verantwortung
Chancen: Es geht nicht im Leistung und Perfektion, Entdecken von Freiheit und Verantwortung, Zeit für Grundfragen des Lebens, Fordert Entscheidung heraus, wie Möglichkeiten und Grenzen liegen
Grenzen: Leben ist Leben aus Gottes Hand, Würde jedes Menschenlebens, Grenzen müssen gezogen werden, damit der Mensch ein Mensch bleibt

Chancen erkennt Jung darin, dass das digitale Ich mehr Möglichkeiten zu Darstellung seiner selbst hat und sich ihm mehr Vergleichsmöglichkeiten anbieten. In virtuellen Welten können Beziehungen vielfältiger, abwechslungsreicher und internationaler werden. Erweiterte Realitäten unterstützen beim Kennenlernen unbekannter Kulturen und Regionen und provozieren Chancen einer gelingenden Beziehungsgestaltung
Grenzen beschreibt Jung darin, dass die Daten des digitalen Ichs zu einem analogen Ich gehören, welches einen Anspruch auf die eigenen Daten hat. Hinter dem digitalen Ich steht ein analoges Ich mit begrenzten Möglichkeiten und Gefühlen als endliches Wesen, welches Anspruch auf Privatsphäre hat. Darum ist es nicht egal, wie Beziehungen in der digitalen Welt gestaltet werden. Die Kommunikation darin muss immer wieder auf die Fragen „Was nützt und was hilft“ und „Was fördert und was zerstört“ zurückgeführt werden. Respektvolles verhalten muss eingefordert werden können, weil hinter jedem digitalen Ich im Prinzip ein analoges Ich steht. Für dieses gilt die Würde eines Menschenlebens als Leben aus Gottes Hand. Damit der Mensch ein Mensch bleibt, muss diese Grenze gezogen werden, dass wir digitalen und analogen Ichs Menschen sind und nicht Gott sein sollten.